Wie weit geht es noch?

So und wieder einmal beschäftigen uns die Onlinekosten. AOL wird ab nächstem Jahr eine Flatrate einführen. Im Preis von 50,- DM sollen alle Kosten – ja auch endlich die Telefongebühren – enthalten sein. Auch T-Online wird sich nach eigenen Angaben als Marktführer in Deutschland und Europa diesem Trend anschliessen. In der Telekom-Zentrale denkt man über ein ähnliches oder sogar noch günstigeres Tarifmodell nach.

Kommt also endlich die vom Webelch schon in der Erstausgabe ersehnte Internetrevolution nach Deutschland? Oder findet hier einfach nur ein Verdrängungswettbewerb unter den beiden dicken Brocken des deutschen Zugangsmarktes statt? Alle kleinen Anbieter von Flatrates sind in den letzten Monaten ja meist kläglich gescheitert oder nach vollmundigen Ankündigungen erst gar nicht an den Start gegangen.

Entweder klappte es bei der Zugangstechnik nicht oder nur in einem sehr bescheidenen Umfang. Viele Anbieter hatten auch nicht mit einem so großen Ansturm von interessierten Surfern gerechnet (Ach, echt ???).

AOL kann hier natürlich auf die mittlerweile langjährige Erfahrung in den USA zurückgreifen. Dort liegt die Einführung der Flatrate bei AOL schon einige Zeit zurück. Was bei Beginn auch aussah wie ein Schnellschuß mit enormen Zugangs- und Kapazitätsproblemen hat sich nach milliardenschweren Investitionen in die eingesetzte Netzwerktechnik zu einem stabilen Dienst entwickelt. AOL hat somit über den Preis die Marktführerschaft in den USA erhalten und ausbauen können. Nach den Übernahmen von Compuserve und Netscape ist außer Microsoft kein ernstzunehmender Konkurrent übriggeblieben.

Genau nach dem selben Muster versucht AOL jetzt in Europa und hier besonders in Deutschland und Großbritannien seine Spitzenposition auszubauen und Wettbewerber über den Preis und die Netzkapazität auszuhungern. Einzig die Deutsche Telekom ist als Konkurrent im deutschen Markt eine ernste Gefahr für AOL. Die Telekom ist natürlich in ihrer Eigenschaft als Leitungsanbieter in einer priviligierten Position. Sie verfügt nicht nur über die T-Online Nutzer, sondern bestimmt auch noch direkt und indirekt die Telefongebühren und verfügbaren Leitungskapazitäten ihrer Konkurrenten.

Wahrscheinlich ist es nur noch eine Frage der Zeit bis AOL aus diesem Grund eine Kooperation oder einen Zusammenschluß mit einem Anbieter von Leitungen (arcor, BT …) ankündigen wird. Hat AOL erstmal auch ein eigenes hochkapazitives Netz oder eine andere Anschlußmöglichkeit für Endkunden (ADSL, Satellit) gefunden, ist die Kalkulation einer Flatrate praktisch im Hause ohne die Berücksichtigung externer Anbieter möglich.

Für viele der kleinen Anbieter wird es dann noch enger auf dem Markt. Wie sollen sie auch gegen die Grossen im Markt anstinken? Die Vergangenheit hat gezeigt, daß der Kunde meist nicht bereit ist mehr für etwas zu bezahlen, auch wenn er etwas besseren Service erhält oder damit eine Infrastruktur stützt. Nicht umsonst kaufen die meisten Leute ja auch ihren PC bei Aldi und nicht mehr beim kleinen Händler um die Ecke.

Was es aber bedeutet, wenn der Zugang zum Netz und die Inhalte (denn die Telekom und AOL sind ja auch Content-Provider) aus der Hand eines multinationalen Konzerns kommen, der sich nur am Wert seiner Aktie orientiert, muß die Zeit zeigen. Hoffentlich gibt es kein böses Erwachen in der schönen neuen und billigen Onlinewelt.

Der bessere Weg ist die generelle Senkung der Netzkosten für alle Anbieter. So können auch die kleinen, unabhängigen Provider entsprechende Flatrates kalkulieren und anbieten. Aber das ist eine politische und keine wirtschaftliche Entscheidung. Nur die Politik und die Nutzer sollten sich beizeiten eine Antwort überlegen.

Ihr Web-Elch