Erfolge der Privatisierung im ÖPNV

Im Zuge der nächsten Preiserhöhung im Nahverkehr der Region wird gerade darüber diskutiert, ob die Vergünstigungen für Rentner wegfallen sollen. Das sehr schöne Argument hierfür: Es gibt auch keine Vergünstigungen für sozialschwache Nutzer des ÖPNV. Obwohl gerade diese angesichts steigender Bezinpreise und der ständigen Forderung nach mehr Mobilität dringend auf die Nutzung des Nahverkehrs angewiesen sind.

Momentan passieren aber noch weitaus merkwürdigere Dinge in den Unternehmen. Zur Erinnerung: Die ÜSTRA, die Deutsche Bahn und die NORD/LB haben Anfang 2004 ein gemeinsames Unternehmen gegründet. Die Intalliance soll den ÖPNV in der Region Hannover abwickeln und sollte ursprümglich auch über die Region hinaus ihre Dienstleistungen anbieten. 1900 Mitarbeiter der ÜSTRA und 285 Mitarbeiter der Bahn sind in diesem Unternehmen tätig.

Ausser durch den Betrieb des ÖPNV in der Region und durch unbedachte Äusserungen des Vorstandes der Intalliance zu Lohneinschnitten bei den Beschäftigten sorgten vor allem Personalentscheidungen in den Unternehmen für Schlagzeilen. Der erst vor anderthalb Jahren von der Deutschen Bahn zur Intalliance gewechselte Vorstandschef Sturmowski wird auf einen hochbezahlten Posten bei der BVG in Berlin wechseln. Der ÜSTRA-Chef Ganseforth hat am 30. Juni die ÜSTRA verlassen. Am letzten Arbeitstag haben Ganseforth und Sturmowski noch einen als geheim bezeichneten Vertrag unterzeichnet. Dieser garantiert der Deutschen Bahn über ihre Beteiligung an der Intalliance auch einen Anteil an den von der Region – und somit aus öffentlichen Geldern finanzierten – getätigten Überweisungen zur Verringerung des bestehenden Defizits der Intalliance. Ein unglaublicher Vorgang. Gerade unter dem Eindruck der kürzlich vorgelegten katastrophalen Haushaltszahlen der Stadt kann es nicht sein, dass ein solcher Vertrag ohne weitere Zustimmung der Politik heimlich abgeschlossen wird.

Die Deutsche Bahn nutzt über ihre Beteiligung an der Intalliance die Steuergelder der Region um ihr eigenes Renditeziel zu erreichen. Ein Vorgang, der leider mittlerweile typisch ist für die Ergebnisse kommunaler Privatisierungspolitik. Auch in Berlin wurden zB bei der Privatisierung der Wasserversorgung den Investoren grosszügige Renditezusagen gemacht. Der Steuerzahler und der Nutzer kommt jetzt über die Beteiligung der Kommune dafür auf. Ein klassischer neoliberaler Lehrsatz lautet nicht umsonst: „Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren“. Aufgrund des Vertrages zwischen Intalliance und ÜSTRA wird es sicher nicht lange dauern, bis auch hier wieder neue Forderungen nach Fahrpreiserhöhungen, Streichung von Verbindungen oder Einsparungen im Personalbereich laut werden.

Einen ganz pikanten Beigeschmack erhält der geschilderte Vorgang, wenn man aus der heutigen Tagespresse entnehmen kann, dass Ganseforth von der durch den umstrittenen Vertrag begünstigten Deutschen Bahn als Berater eingestellt worden ist. Natürlich, die Gewinner der Umverteilung und ihre Helfer in den kommunalen Betrieben und der Politik wissen sich schon untereinander zu belohnen. Die Empörung aller Parteien und Funktionsträger in der hannoverschen Politik verwundert nicht, ist aber bedauerlicherweise nur gespielt. Der Kandidat der CDU für die nächsten OB-Wahlen hat schon angekündigt im Zuge der Haushaltssanierung weitere Privatisierungen durchzusetzen. Als grosses Beispiel dient ihm hier Braunschweig. Dort ist es der CDU gelungen den Haushalt der Stadt in beeindruckender Weise zu sanieren. Fast alle aus Steuergeldern geschaffenen ehemals kommunalen Vermögenswerte sind mittlerweile in der Hand privater Unternehmen. Selbst der Besitz, Betrieb, Steuerung und Wartung der Ampeln wurde an Siemens übergeben.

Wir als WASG müssen uns in den kommenden Kommunalwahlen und natürlich auch in unserer täglichen politischen Arbeit in den Stadtteilen, den Bezirksräten, dem Rat der Stadt und der Region dafür einsetzen, dass dieser Privatisierungsirrsinn und der damit verbundene Filz in Hannover bekämpft werden. Im Interesse aller Bürger, die mit ihrem Geld und ihren Gebühren diese öffentlichen Einrichtungen erst geschaffen haben. Es darf kein Ausverkauf öffentlicher Einrichtungen und Unternehmen stattfinden. Weder auf kommunaler Ebene noch auf Landes- oder Bundesebene. Die Befriedigung der grundlegendsten Bedürfnisse der Bevölkerung darf nicht kurzfristigen privaten Gewinnabsichten untergeordnet werden. Die geplante Privatisierung der Landeskrankenhäuser durch die CDU-Regierung ist somit ebenso abzulehnen und zu verurteilen, wie der beschriebene Vertrag zwischen ÜSTRA und Intalliance.

Nach dem 18. September werden wir gemeinsam mit der Linkspartei auf Bundesebene zeigen, wie der demokratische und soziale Gegenentwurf zur neoliberalen Politik der letzten Jahre gestaltet werden kann. Lasst uns am 19. September anfangen dafür zu kämpfen unsere Positionen auch auf kommunaler Ebene durchzusetzen. Wie Michael immer so schön schreibt: „Nach der Wahl ist vor der Wahl“.