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Das Netz in der Hand

Wer hat nicht schon immer davon geträumt. Der Kühlschrank bestellt selbständig beim Supermarkt die gerade abgelaufene Milch. Der Supermarkt bucht ohne Nachfrage vom Onlinekonto die Rechnung ab. Und das Auto weiß abends auf dem Nachhauseweg, daß man noch beim Supermarkt die Milch abholen muß.

Endlich dringt das Internet auch in Bereiche des täglichen Lebens ein in denen es bisher aus gutem Grund nicht zugegen war. Warum sollte der Kühlschrank, der Toaster oder die Mikrowelle mit dem Internet verbunden werden. Es scheint auf den ersten Blick nicht sehr hilfreich seine Bankgeschäfte über das Display eines Küchengerätes abzuwickeln.

Und woher sollen eigentlich all die benötigten IP Adressen für die vernetzten Haushalte kommen. Adressräume wachsen ja bekanntlich nicht auf Bäumen. Solange sich niemand mit keinem auf die Einführung einer neuen IP-Version einigen kann, dauert es mit dieser Massenvernetzung noch etwas.

Und vielleicht will man ja auch die gerade sauer gewordene Milch oder den schimmeligen Käse nicht ersetzen. Wer die Bandbreite bis in die Haushalte bringen soll und mit welchem technischen Verfahren steht auch noch in den Sternen. Erst kürzlich hat sich der Powerline-Pionier Nortel überraschend aus dem Pilotprojekt zur Nutzung des Stromnetzes für die breitbandige Übertragung von Daten zurückgezogen.

Und wenn man für jeden Netzzugriff des eigenen Toasters oder des Rasensprengers die entsprechenden Onlinegebühren zahlen muß, kommt auch keine rechte Freude auf. Solange sich nicht flächendeckend eine realistische Flatrate für den Onlinezugang durchsetzt bleiben alle diese hochvernetzten Zukunftsgemälde reine Luftschlösser.

Aber nun kommt ja mit der Einführung des WAP Dienstes und der baldigen Verfügbarkeit der dazu passenden Handys der neue Shootingstar am Netzhimmel. Endlich wird es möglich jederzeit und an jedem Ort auf einem mikroskopisch kleinen Display in magerster Auflösung im Internet zu surfen. Börsenkurse, Flugpläne, Restaurantführer, Wirtschaftsnachrichten. Alles was der erfolgreiche Mensch braucht. Immer und überall jederzeit verfügbar.

Bis vor kurzem waren Handys zum Telefonieren und zum Verschicken der beliebten SMS-Nachrichten gut. Endlich kann das Telefon surfen. Zwar mit steinzeitlichem Ambiente, geringer Geschwindigkeit und zu horrenden Preise, aber immerhin. Hurra. Schon kursieren wieder die ersten Erfolgsmeldungen millionenschwerer StartUps, die mit einer WAP-Killerapplikation über Nacht zu Reichtum, Ruhm und Ehre gekommen sind.

Ob überhaupt jemand diese ganzen kleinen Internet Devices wirklich braucht wird im Überschwang leicht vergessen. Dabei leidet das Internet unter ganz anderen Problemen, die dringender zu lösen sind. Als Beispiele seien hier nur die rechtlichen Aspekte, Kontrolle oder Freiheit, Bandbreite, Nutzungskosten, Zugänge für Entwicklungsländer usw genannt.

Bevor wir nicht diese Fragen zufriedenstellend beantwortet haben, sollte man auf die Entwicklung des internetfähigen Zigarettenanzünders noch verzichten. Und auch das nicht WAP-fähige Handy von vor drei Wochen erledigt seinen ursprünglichen Job ganz hervorragend.

Der einzig interessante Aspekt an der ganzen WAP-Geschichte ist die Tatsache, das die entsprechende WML-Sprache und der begrenzte Platz des Handydisplays endlich mal wieder den Inhalt über die Form stellen und zu konsequent guter Programmierung zwingen. Back to the roots.

Ihr Web-Elch

P.S. Haben Sie es bemerkt? Es ist das Jahr 2000 und Sie können noch meine Seiten im Netz lesen. Irgendwie haben wir es ja alle gewußt. Aber Panikmache und Schwarzmalerei macht ja viel mehr Spaß …

Nur aus Hopfen, Malz, Wasser und Bytes. Das flüssige Brot fließt im Web.

Des Deutschen liebstes Getränk findet sich nicht nur an beinahe jeder Straßenecke, vor vielen Filmen und auf diversen Sportveranstaltungen (Biertrinker sind sportlicher als der Rest der Bevölkerung?). Auch im Internet breiten sich mehr oder weniger aufwendige Seiten mit dem Gerstensaft auf unschuldigen, abstinenten Bildschirmen aus. Das flüssige Brot rauscht immer ungehemmter durch die Datenleitungen.

Die erste Station unserer Rundreise durch die Welt des Netzbieres führt uns ins romantische, verträumte Sauerland. Nicht nur die Heimat der teueren, kleinen Würstchen, des Stahls und der dunklen Täler. Auch Bier wird hier in Massen gebraut und vermutlich auch getrunken.

Denn anders ist der leicht missratene Webauftritt der Veltins-Brauerei nicht zu erklären. Nach dem automatischen Verändern des Browserfensters auf 800×585 Punkte wird der Besucher von einem leicht zerpflückt wirkenden Layout empfangen. Was macht aber der Surfer mit nur 640×480 Pixeln oder einem nicht framefähigen Browser? Die Biermarke wechseln ist hier wohl angebracht.

Nach dem ersten – nur kleinen – Schrecken erwarten den bierdurstigen dann aber doch hinreichend informative Artikel zum Bier, der Firma, Events und Veranstaltungen und sonstigem Wissenswerten rund um Veltins. Die Menüs und Seiten benutzen sehr ausgiebig CSS, DHTML und JavaScript. Hoffentlich wurde an die Abwärtskompatibilität gedacht. Der Elch konnte es jedenfalls sehen.

Warum aber unter den Gastrolinks nur sowenig Schankstellen auftauchen. Und der Rest der Welt nur mit je zwei Lokalen in der Schweiz und in Griechenland erwähnt wird, bleibt wohl das Geheimnis der Sauerländer und ist in den dortigen Stauseen sicher auf ewige Zeiten begraben.

Nun aber mal etwas mehr in Richtung der Heimat des Elches. Rauf aufs flache Land. Hinein nach Bremen. Nicht nur Heimat des Fußballs, der Arbeitslosen und des norddeutschen Straßenkarnevals. Nein, auch Bierhauptstadt Norddeutschlands. Im Laufe einiger Besuche hat der Elch sich höchstpersönlich von der Qualität und Quantität des dortigen Bieres überzeugen können.

Überzeugen kann auch der Webauftritt der Becks Brauerei. Klar und übersichtlich präsentiert sich auf allen Bildschirmgrößen ein rundum informatives Angebot. Hier wird nicht nur über Bier, Gläser und das Trinken geschrieben. Auch der Sport – hier besonders der Fußball – kommt nicht zu kurz.

Wer sich nicht nur fürs Biertrinken sondern auch für körperliche Aktivitäten interessiert ist auf den Becksseiten sicher richtig. Ein gelungener Internetauftritt. Zwar nicht Spitzenklasse aber guter, solider Durchschnitt. So sollte es sein. Nicht nur Informationen zum Produkt und der Firma. Sondern auch Zusatznutzen für den Betrachter. Noch zahlt man schließlich Onlinegebühren.

Und nun die ganz andere Himmelsrichtung. Was geht denn so in München und der Umgebung (sprich Bayern) ab? Dort wird ja nicht nur dieses plörige Oktoberfestbier getrunken. Auch das Weißbier kommt von dort. Und der Webelch ist gerade im Sommer diesem Trank nicht abgeneigt.

Die Paulaner kommen als erste an die Reihe. Später am Schluß kommen wir nochmal zu einem byerischen Highlight. Es erwartet uns ein, auf den ersten Blick, klarer und durchdachter Aufbau mit gut gemachten Bildern. Sogar eine Wahlmöglichkeit zwischen Deutsch und Englisch besteht. Nicht schlecht der Bayer, der.

Zu Kaufen gibt es im Shop auch ein paar Artikelchen. Aber nichts was sich von den anderen Brauereiauftritten unterscheidet. Nur tauchen hin und wieder Fehlermeldungen und lästige Inkonsistenzen des Designs und des Layout auf. Man möchte fast vermuten hier wurde eine bestehende Site überarbeitet und ausgebaut. Dabei hat man wohl aber einige Leichen im Keller übersehen.

Na, was nicht ist kann ja noch werden. Ein Anfang ist gemacht. Der ist auch größtenteils ganz gut. Es geht bergauf. Klar, in Bayern sind ja dann auch die Berge.

So der Elch kann jetzt nicht mehr so recht in Deutschland bleiben. Hier ist er ja auch fast durch. Mitte, Norden, Süden und einen heben wir uns noch auf. Also auf, auf über den großen Teich nach Amerika hin. Die Heimat der Leicht- und Ultraleichtbiere ohne Alkohol, mit Farbe und allerlei anderem Unsinn.

Leider ist die Brauerei die wir besuchen wollten wohl gerade in den Ferien. Also bleibt nur der kanadische Auftritt der Firma Budweiser.

Der Kanadier an sich ist auf den ersten Blick wohl gesetzestreu (Hinweis für minderjährige Bierschlürfer) und interessiert sich auf den zweiten Blick wohl mehr für Sport als für Bier.

Auf den gesamten Seiten der Budweiser wird etwas über die NFL Canada, Sporttermine, Fernsehshows mit Sport, Sport hier, Sport da geschrieben. Aber irgendwie garnix übers Bier. Na schade. Die Site ist zwar technisch und gestalterisch nicht schlecht. Nur: wo ist das Bier hin?

Da bleibt der Elch lieber in Europa und schaut sich einen der Urväter des modernen Bieres an. Unser Weg führt uns also auf elektronischem Wege nach Budweis in der Tschechischen Republik. Auch wenn die neue Site schon seit für den September 99 angekündigt war. Der noch vorhandene alte Auftritt dieser Traditionsbrauerei weiß auch zu gefallen.

Klares Layout, schneller Seitenaufbau, nicht so mit grafischem Schnickschnack überfrachtet präsentieren sich viele nützlichen Informationen. Man findet die Geschichte der Brauerei ebenso wie die Öffnungszeiten und Eintrittspreise des Firmenmuseums.

Natürlich auch Termine, Events, Links und der für eine Firmensite übliche restliche Inhalt. Gut gemacht. Und der angekündigte neue Auftritt wird bestimmt noch besser. Der Webelch wartet gespannt.

Und kehrt nochmal zurück zu den Weißwürsten und Weißbieren. Im Dezember 99 wurde der monatliche y-design innovation award verliehen. An sich nix besonders interessantes. Der wird ja jeden Monat einmal verliehen. Doch diesmal wurde er an ein Bier – besser an den Internetauftritt des Bieres – vergeben.

Und zu recht. Die Seiten des Bierbrauers Maisel sind absolut top. Mit Flashanimationen, perfekt sauberen Grafiken und einer klaren, eingängigen Menüstruktur.

Hier wirkt nichts überfrachtet oder zusammengestrickt. Alles paßt wunderbar zusammen und hinterläßt einen luftigen, leichten Eindruck. Ist ja auch ganz richtig. Ein Weißbier ist luftig und leicht. Aber nicht nur die Gestaltung überzeugt auf der ganzen Linie. Auch der Inhalt der Seiten ist gekonnt zusammengestellt.

Hier waren und sind Profis am Werk. Gut so und vor allem weiter so. Vielleicht schauen sich die anderen etwas weniger innovativen Bierbrauer diese Seiten mal eingehend bei einem kühlen Blonden an. Und lernen etwas daraus. Aber nicht nur Bierbrauer. Auch für Internetauftritte anderer Branchen bietet der prämierte Auftritt von Maisel einige Denkanstöße.

So, dann man Prost!

P.S. Wer sich noch umfassender über das Bier, Brauen, Trinken und Adressen im Internet über Bier informieren will findet unter www.bier.de die wohl umfassendste deutschsprachige Website.

Weiterführende Links zum Thema
http://www.veltins.de/ Das Sauerländer Tröpfchen
http://www.becks.de/ Der Bremer Humpen
http://www.paulaner.de/ Im Süden trinkt man Weißbier
http://www.budweiser.ca/ Kanadier sind sportlich
http://www.budweiser.com/ und Amerikaner nicht erreichbar
http://www.budvar.cz/ Das Glück liegt im Osten
http://www.maisel.com/ oder vielleicht doch eher im Süden

Linktip des Monats Januar 2000

Wie wir schon oft geschrieben haben, finden sich interessante Infos rund ums Webdesign meist auch nur im Web selber. Das Magazin Dr.Web unter www.ideenreich.com/drweb.shtml bietet jede Menge gute und verständlich geschriebene Informationen zu Themen rund um das Netz. Lesenswert …

Freedom for Links

Die – an dieser Stelle bereits vorgestellte – Aktion gegen Markengrabbing beschäftigt sich mit dem Unwesen der Abmahnung von angeblich markenrechtlich geschützten Begriffen im Internet.

Freedom for Links versteht sich hingegen als Forum für einen besseren Umgang mit dem Netz und für die Entwicklung einer eigenen Netzkultur. Es werden Themen wie z.B. Markenrecht, Abmahn(un)wesen, Strafbarkeit von Links und Inhalten usw aufgegriffen und öffentlich diskutiert.

Jeder ist aufgerufen mitzumachen und seine Gedanken zur weiteren Entwicklung einer eigenen Netzidentität einzubringen. Ein – in diesen Zeiten der rechtlichen Unsicherheit im Internet – lobenswertes Vorhaben.

http://www.freedomforlinks.de

WEBELCH AWARD 99 And the winner is …

So, nun ist es soweit. Das Jahr ist vorüber, ein neues beginnt und der Webelch hat fünf Ausgaben lang viele gute und leider noch mehr schlechte Internetauftritte aus allen möglichen und unmöglichen Bereichen vorgestellt. Wie schon in der Erstausgabe angedroht, werden das – nach Meinung des Webelch – schlechteste und das beste der in diesem Jahr besprochenen Internetangebote noch einmal kurz vorgestellt und prämiert.

Ja, diese Radiosache. Mit Ausnahme der Designbrüder aus der AREA 55 (siehe Septemberausgabe), die sich allerdings mittlerweile gebessert haben, ist der Auftritt von Radio Energy 103,4 immer noch so ziemlich das mieseste was dem Elch in diesem Jahr vors Geweih gekommen ist. Ein so durcheinandergewürfeltes Gesammele von fragwürdig gestalteten Grafiken, nicht-informativen Links und Programmierfehlern ist schon was Besonderes. Jetzt hat Radio Energy nicht nur das wahrscheinlich beste Radioprogramm Berlins, sondern auch den miesesten Internetauftritt. So etwas nennt man dann wohl ausgleichende Gerechtigkeit. Na, man kann ja auch nicht alles haben.

Radio Energy 103,4
Der Webelch Bericht zu den Radiosendern in Berlin (August 99)

Die Blauen Funken aus Neuss haben es verstanden, mit ihrer Internetseite sogar dem nicht-karnevalstauglichen Webelch ein Lächeln zu entlocken. Schön gestaltet, gutes Artwork, viele sinnvolle Informationen und eine gute Programmierung. So geht das mit dem Internet. Und dann auch noch ohne ein Riesenbudget. Es kommt im Internet eben nicht auf die Menge des eingesetzten Geldes, sondern nur auf den Willen und das Können an. Ein perfekter Auftritt und somit Best of 1999. Warum hat nur Radio Energy mit wahrscheinlich mehr Geld und Manpower nix hingekriegt?

Die Homepage der Blauen Funken
Der Webelch im Karneval; sein Bericht im November 99

Das war also unser Streifzug durch das Internet im Jahr 99. Gute Seiten, schlechte Seiten und viel dazwischen. Lassen wir uns im Jahr 2000 überaschen, was es sonst noch im Netz gibt. Der Elch bleibt am Ball …

1,2,3 und Zuschlag oder ein Somm macht noch keinen Sommer.

Die Skepsis der deutschen Wirtschaft im Bezug auf den Einsatz des e-commerce scheint sich offenbar nicht auf den Bereich der Auktionen zu erstrecken. An praktisch jeder Ecke im Web entsteht beinahe im Sekundentakt ein neuer Auktionsplatz.

Zwischen den ganzen Ricardos, Alandos, etradas und wie sie alle heissen mögen ist kaum noch ein Durchkommen. Selbst der Weihnachtsmann betätigt sich offenbar in diesem Bereich. Der Webelch hat ja unter www.weihnachten.de ein speziell auf das Fest der Liebe abgestimmtes Auktionsangebot gefunden.

Aber nicht nur, das überall diese Geschäfte aus dem virtuellen Boden spriessen. Nein, es werden auch täglich neue Allianzen, Kooperationen und Fusionen angekündigt, vollzogen oder abgeblasen. Schon so mancher kleiner Webdesigner und Jungunternehmer ist durch das Verkaufen seines Auktionslädchens (das wahrscheinlich nie Gewinne abgeworfen hat) praktisch über Nacht zum Millionär geworden.

Klar, da versucht so mancher glücklose Glücksritter auf diesen Zug zum Reichtum aufzuspringen. Online-Auktionäre gehen an den Neuen Markt. Und schwupps schon ist die Firma mit ihren 10 Mitarbeitern, 3 Rechnern und nie vorhandenen Gewinnen mehr wert als so manches Traditionsunternehmen. Das hier – wie auch bei anderen Aktien von Internetunternehmen – nicht mehr wirtschaftliches Kalkül, sondern wahrscheinlich der blanke Börsenirrsinn den Kurs steuert ist klar.

Die rechtlichen Aspekte des virtuellen Versteigerns sind auch nur in Ansätzen überprüft. Der Verkauf fabrikneuer Überschußware in einer normalen Auktion ist ja auch nicht so ohne weiteres möglich. Oft betreiben die Auktionshäuser im Internet unter der Überschrift Auktion mehr einen virtuellen Ramschladen für den Abverkauf fabrikneuer Ware. Ob und wie da Haftung, Zahlungsverkehr oder Garantieansprüche gelten und durchsetzbar sind ist momentan meist noch völlig im Nebel des Cyberspace.

Der Verkauf von Privat an Privat hat eigentlich auch nicht viel mit Auktion zu tun. Hier spielt sich das klassische Handeln ab, wie auch im Kleinanzeigenteil der Zeitung. Dort haftet die Zeitung ja nun nicht für das Bezahlen, Liefern oder den zustand. Ein Online-Auktionshaus tritt aber massiv und mit Einsatz der gesamten dahinterstehenden Technik in Erscheinung. Auch hier tut eine endgültige Rechtsprechung not.

Die hin und wieder durch die Presse geisternden Meldungen von in Amerika zu versteigernden Babys, Nieren oder Hitlerknochen werden sicherlich auch bald über deutsche Auktionsanbieter zu schreiben sein. Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Auktionshäuser im Netz auch wieder schliessen. Also, wer noch schnell an der Börse absahnen will sollte sich beeilen. Der User aber ist oftmals besser bedient, wenn er sich Waren in dem kleinen Onlineshop um die Ecke kauft. Dort fehlt natürlich der Reiz des Handelns und Mitbietens. Aber wozu gibt es (reale) Flohmärkte?

So, und nun zu unserem und meinem Lieblingsthema. Der Staat, die Polizei und das Internet. Felix Somm der ehemalige Geschäftsführer von Compuserve wurde ja vor einiger Zeit verurteilt, weil es über seinen Dienst möglich war in Deutschland strafbare Inhalte abzurufen.

Am 17. November hat das Münchner Landgericht diese Urteil aufgehoben und Somm endlich freigesprochen. Ein Zugangsprovider kann eben nicht oder nur in sehr begrenztem Umfang die durchgeleiteten Inhalte kontrollieren und bei Strafbarkeit der Inhalte diese sperren. Die Post ist schließlich auch nicht für in Briefen geschriebene Erpresserschreiben haftbar und mitschuldig zu machen.

Endlich wurde das Multimediagesetz auch korrekt angewandt. Natürlich ist es klar, daß ein Provider bei Kenntniss strafbarer Inhalte handeln sollte. Aber wenn es nicht geht – und im Internet kann man eben relativ schlecht die Verbreitung von Informationen jedweder Art unterdrücken – dann geht es eben nicht. Dafür aber den Provider haftbar zu machen, widerspricht den Buchstaben des derzeit geltenden Multimediagesetzes. Anders liegt hier natürlich der Fall Excite – wir berichteten – . Excite kann und muß nach Kenntnis der illegalen Inhalte diese vom Netz nehmen. Macht der Dienst dies nicht obwohl er wie z.B. Excite dazu in der Lage ist – die Daten liegen auf eigenen Servern – kann und sollte der betreffende Anbieter auch strafrechtlich verfolgt werden.

Es bleibt zu hoffen, daß nach dem Urteil im Fall Somm die Anwendung des Multimediagesetzes durch das Landgericht München Schule macht. Auch benötigt das Internet keine weiteren Gesetze oder Überwachungsinstanzen, sondern nur eine konsequente Anwendung schon bestehender Gesetze. Und natürlich die Verfolgung der richtigen Täter. Nicht der praktisch unbeteiligten Dritten. Nur so kann und wird das Internet als Quelle vielfältigster Informationen und Meinungen erhalten bleiben.

Tagebuch vom 14.12.99

Leider hat der Webelch in der letzten Zeit sehr viel um seine Ohren bzw ums Geweih. Wenn es etwas ruhiger geworden ist – also nach Weihnachten – wird das Tagebuch auch wieder regelmäßiger aktualisiert.

Bis zur ersten Januarwoche hat der Elch aber noch alle Hände mit dem Weihnachtstrubel und der neuen Firma zu tun. Also nix für ungut und bis zum Jahr 2000.

HO HO HO Ja wo ist denn der Weihnachtsmann ??

Es weihnachtet sehr. Das Fest der Tannen, Kugeln, Gänsebraten und dicken alten Männern in roten Mänteln und mit Rauschebärten rückt immer näher. Klar, das es in Wirklichkeit keinen Weihnachtsmann gibt, sondern unter den roten Klamotten ausgemergelte und hoffnungslose Pädagogikstudenten stecken.

Aber, vielleicht lebt im Netz der Netze noch der ursprüngliche und gute Geist dieses wichtigsten (neben dem mit dem Osterhasi) Festes des Jahres. Der Webelch ist aufgrund seiner langjährigen, innigen Beziehung zum Weihnachtsmann und dem ganzen Rummel selbstredend besonders an diesem Thema interessiert.

Diesmal wurde ganz ohne Hilfe von Webverzeichnissen oder Suchmaschinen recherchiert. Die passenden Begriffe in die Domainnamen eingebaut. Und los geht es. Der erste Weg führt direkt zum Weihnachtsmann. Vielleicht hat der alte Bursche und seine geschenkebastelnden Wichtel ja auch in der HTML-Programmierung und im Webdesign was auf dem Kasten.

Leider zu früh gefreut. Unter www.weihnachtsmann.de finden sich umgeben von einem schwarzen Trauerrand nur Bilder, die augenscheinlich von den kleinen Brüdern der Wichtel stammen. Der Informationsgehalt tendiert gegen Null und ein Chat mit dem Meister ist auch nicht möglich.

Ist ja dumm gelaufen. Aus der Superadresse hätte was werden können. Aber so kommt keine rechte Freude am Weihnachtsfest auf. Und überhaupt, was interessiert den echten Weihnachtsmann-Fan der Ort mit dem komischen Namen Himmelspforten.

Dann eben nicht. Also weiter mit den Weihnachtsbegriffen. Jetzt ist www.weihnachten.de an der Reihe. Und holla, wo ist der Elch denn hier gelandet? Ein, zwei geschickte Umleitungen und man findet sich auf der Weihnachtsauktion von versteigern.de wieder. Toll, hier kann man echte Weihnachtsbäume ersteigern. Und das sogar zu ganz guten Kursen.

Die Seiten mitsamt Grafik sind – war ja auch nicht anders zu erwarten – perfekt und funktionell gestaltet. Die Navigation ist verständlich und klar. Der Aufbau und die Ladezeiten gehen in Ordnung. Und die Menge der Angebote ist auch beeindruckend, schließlich handelt es sich um ein nicht gerade kleines Internetauktionshaus. Aber, trotz des weihnachtlichen Warenangebotes, so richtig was mit dem Weihnachtsmann und der Weihnachtsgeschichte ist hier nix. Halt nur ein weiterer – perfekt gemachter – Auktionshansel im Netz. Der Kommerz rund ums Weihnachtsfest läßt sich auch im Web nicht stoppen.

Der Webelch ist zum Glück perfekt fremdsprachig. Dann kommt eben dieses schrecklich XMAS zum Zuge. Unter der passenden Adresse www.xmas.com kommt alles noch viel Schlimmer. Der totale amerikanische Konsumterror. 12 Monate im Jahr alles rund ums Weihnachtsfest. Wahrscheinlich gibt es dort Menschen, die sich auch im Sommer Kugeln an die Palmen hängen.

Nicht schlecht gemacht. Aber auch nicht wirklich gut. Halt einer der zahllosen amerikanischen Onlineshops, die es ja auch zu anderen Themen gibt. Hier ist auch nix mit dem Weihnachtsmann. Nur Kaufen, Kaufen, Kaufen. Da kann der Webelch auch in die Stadt gehen und versuchen den Samstag ohne Verletzungen zu überstehen.

In Auswärts wird der Weihnachtsmann ja Santa Claus genannt. Unter der passenden Adresse dieses Klauses www.santaclaus.com geht es endlich mal nicht um Kommerz oder komische Orte mit seltsamen Namen. Hier findet sich allerlei Interessantes und Wissenwertes rund um den Weihnachtsmann und das Weihnachtsfest.

Gestaltungstechnisch ist die Seite schon etwas angegraut. Seit 1994 befindet sie sich im Netz und am 25.12.97 wurde sie das letzte Mal bearbeitet. Da ist der Santa Claus wohl vor lauter Geschäftemacherei nicht mehr zum Pflegen seiner Seiten gekommen. Hier hat wohl ein ehemals ambitionierter Hobby-Webdesigner 1994 mal rumgebastelt und dann die Lust verloren. Technisch ist das alles in Ordnung, aber halt schon 5 Jahre alt.

Dann mal auf zu einer Adresse, die einem beim besten Willen nicht zu Weihnachten in den Sinn kommt. Die Firma mit dem amerikanischen Landwein sendet schon seit November im Fernsehen wieder diese zuckersüßen kitschigen Weihnachtsspots und druckt den alten Herrn auch auf die Flaschen. Unter www.coca-cola.de wird diese Werbekampagne perfekt fortgesetzt.

Cola schmeckt zwar auch an Weihnachten nicht nach Zimt. Doch hier findet der Webelch endlich die Dinge, die er gesucht hat. Geschichten, Kalender, Bräuche, Links und alles absolut perfekt gestaltet und toll gemacht. Geht eben doch. Aber warum kommt so ein schöner Auftritt zum Weihnachtsmann ausgerechnet vom größten Softdrinkhersteller der Welt? Hier will dem Webelch noch nichtmal jemand irgendetwas verkaufen. Ist ja ganz schön klasse.

Das Weihnachtsfest im Internet stellt sich also genauso dar wie im richtigen Leben. Viel Kommerz, Kitsch und wenig Besinnliches. Das Netz ist eben doch die Welt oder so. Einzig ein wirklich dicker Fisch des Kommerzes baut eine Weihnachtssite mit nicht kaufbaren Inhalten. Auch nicht schlecht. Wie das Leben halt so spielt. In diesem Sinne wünscht der Webelch trotzdem ein frohes und besinnliches Fest. Bis Ostern losgeht und die Schokoladenhasen im Aldi auftauchen…

Weiterführende Links zum Thema
http://www.weihnachtsmann.de/ Die Wichtel malen
http://www.weihnachten.de/ Tannebäume für wenig Geld
http://www.xmas.com/ Weihnachten all year round
http://www.santaclaus.com Seit 1997 verreist
http://www.coca-cola.de Auch der Weihnachtsmann trinkt Cola

Linktip des Monats Dezember 1999

Das Satiremagazin ATTACKE zeigt wie es gelingt zwar bissig und zuweilen etwas hart an den Grenzen des Geschmacks zu operieren, aber trotzdem nicht so abzurutschen wie Weiland Terry Fox auf seiner Seite.
Für Freunde gepflegter Satire ist diese Seite der Leckerbissen im deutschen Netz schlechthin. Sogar ein Shop mit Fanartikeln ist zu finden. Top, Top, Top.

Netz gegen Kinderporno

In der Oktober-Ausgabe haben wir uns mit den Funden von Kinderpornografie auf den Mitgliederseiten von Excite beschäftigt.

Um solche Funde weiterzumelden und den Internetbenutzer für dieses Thema zu sensibilisieren, hat die Zeitschrift CT die Aktion Netz gegen Kinderporno ins Leben gerufen. Dort finden Webmaster und Benutzer Links, Banner und eine anonyme Meldestelle.

Gerade nach den entdeckten Vorgängen bei Excite aber auch anderen Onlinediensten eine sicherlich sinnvolle und unterstützenswerte Kampagne für eine funktionierende Selbstkontrolle im Internet. Nur so kann es gelingen den staatlichen Zugriff auf Inhalte des Internets in seine Schranken zu weisen.